Brüssel Belgien Oktober 1991
Posted on 01/10/1991 by ansgarbaumert
Ich hatte gehört, dass die Spedition Schnellecke jeden Tag von Wolfsburg nach Brüssel fährt. Ich frage mal an und bekomme die Erlaubnis, mit einem Laster mitzufahren. Es ist ein sehr großer und sehr schneller Laster, 450 PS oder so. Um mir das zu verdeutlichen, überholte der Fahrer auf der Einfädelspur auf die Autobahn einen Laster, der auf der rechten Fahrspur fuhr. Ich guckte links rüber und sah dem Fahrer ins Gesicht, der ungläubig zu uns herüberstaunte. Ich bin fasziniert von den Zwischengängen und dem grünen Bereich für jeden Gang. Ich weiß nicht, mit wie vielen verschiedenen Lastern ich in meinem Leben mitgetrampt bin, vielleicht 50. Eigentlich wollte ich beim Trampen immer möglichst schnell vorankommen, aber trotzdem freute ich mich jedes Mal, wenn es in einen Laster ging.
Wir kommen abends an und der Fahrer erlaubt mir, auf einer der beiden Kojen im Laster zu schlafen. Wir besorgen ein paar Bierchen, trinken sie und schnacken ziemlich lange. Morgens hatten wir dann verschlafen. Das setzte ihn ordentlich unter Stress, weil er einen ziemlich durchgetakteten Tagesablauf hatte. Deshalb kann er mich nicht mehr in die Stadt bringen, sondern er setzt mich weit außerhalb der Stadt raus. Ich habe keine Ahnung, in welche Richtung ich gehen muss, es ist auch kein Mensch dort unterwegs. Irgendwann sehe ich ein Straßenbahndepot und entschließe mich, den Schienen zu folgen. Nicht lange und es kommt eine Straßenbahn auf mich zu. Ich gehe zur Seite und winke und sie hält sie an. Der Fahrer ist ein alter, schwarzer Mann mit ergrauten Haaren und einem grauen Bart. Ich frage nach dem Weg in die Stadt. Und das passierte etwas, das ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht ausgemalt hätte: Der Fahrer hieß mich hinzusetzen, er legte den Rückwärtsgang ein und brachte mich ein Stück in Richtung Stadt. Nach einer Weile hielt er an, sagte, weiter könne er jetzt beim besten Willen nicht fahren, zeigt mir, welchen Weg ich nehmen sollte und fuhr wieder zurück.
Ich habe keine Ahnung mehr, was ich mir in der Stadt angeguckt habe, aber ich erinnere mich, dass ich die erste Nacht in einer Jugendherberge schlief. Ich hätte um 5 Uhr morgens bei der Spedition sein müssen um mit einem anderen Laster wieder nach Wolfsburg zu trampen. Ich schlief in der Jugendherberge in einem Gemeinschaftsraum und erst sehr spät ein. Am nächsten Morgen verschlief ich. Also lief ich noch einen Tag durch Brüssel und entschied mich, die nächste Nacht durchzumachen. Bis 11 Uhr oder so halte ich mich in einer Einkaufsmall auf, dann werde ich rausgeschickt. Dann laufe ich ein paar Stunden durch die Stadt und ruhe mich ein bisschen auf einer Parkbank aus. Am nächsten Morgen bin ich rechtzeitig bei der Spedition.
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