China Guizhou Stierkampf Februar 2005
Posted on 10/02/2005 by ansgarbaumert
Nach dem Frühlingsfest bin ich zu einem zweiten Dorf in Kaiyang County gefahren, in dem es einen traditionellen Stierkampf gab. Es gab dort kein Hotel, man brachte mich in einem Gebäude unter, wo im ersten Stock eine Apotheke war. Der zweite Stock war im Rohbau, es gab nur rohen Beton, keine Fenster oder Türen. In einem Raum stand, zwischen Bauschutt und Müll, ein altes, eisernes Bettgestell mit einer schmutzigen Matratze. Es gibt keine Alternative.
Abendessen hatte ich mit einem alten Ehepaar aus dem Dorf und ihrer Enkelin, wobei die Frau an traditionellen Kinderschuhen nähte. Es gab eine Suppe mit ein bisschen Grünzeug und dicken Stücken Schweineschwarte, von denen ich ein paar Stücke runterwürgte.
Nachts liege ich, voll angezogen mit meinem dünnen Schlafsack in der eiskalten Baustelle. Es ist stockdunkel, zieht durch die Fensterluken und ich friere erbärmlich. Plötzlich kommt eine Gestalt die Treppe hoch. Sie sagt kein Wort, kommt in der Dunkelheit leicht schnaufend direkt auf mein Bett zu – und ich kriege richtig Schiss! Dann lässt der Mann ein paar warme Decken auf mich fallen und geht wieder. Wer weiß, was ich ohne die Decken in der Nacht gemacht hätte. Am nächsten Tag nieselte es und ist eiskalt, die Wolken lagen regelrecht auf dem Boden. In der Apotheke esse ich mit dem Apothekerehepaar Frühstück. Die haben einen Heizlüfter, vor den ich mich setzen darf. Dann kam ein Mann und wollte mich mitnehmen. Obwohl ich schon Halsschmerzen hatte eine schwere Erkältung auf mich zukommen fühlte, bin ich mit dem Typen in den Regen gegangen, einmal quer durch den Ort, der nichts von dem Charme des altmodischen Dorfes von vorher hatte. Hässliche, neu gebaute Häuser längs einer hässlichen Straße. Schon etwas außerhalb des Ortes gab es jede Menge Leute und ein paar Verkaufsstände. Der Weg war schlammig und es regnete an einem Stück, ich wollte eigentlich nur irgendwo rein. Dann sah ich einen Mann mit einem mächtigen Stier an der Leine zu dem Acker gehen, um den die Leute herumstanden. Endlich wurden zwei Bullen auf den Acker geführt und beginnen, von den Besitzern angestachelt, zu kämpfen. Den ganzen Tag lang gab es einen Kampf nach dem anderen. Zum Teil ging es richtig zur Sache, bis aufs Blut. Manchmal sind die Stiere voller Panik weggerannt und waren nicht zu bremsen. Das war für alle im Weg lebensgefährlich. Einer ist auf der Flucht direkt über einen Mann gerannt, man sah nur ein Kuddelmuddel von dem Mann und den stampfenden Beinen des Stieres. Die Schuhe des Mannes flogen in hohen Bögen weg. Alle dachten, er wäre schwer verletzt. Er aber stand auf, sah an sich herunter: Jacke und Hose waren zerfetzt. Verdutzt sah er auf und sagte: “Mei shi”. Es war ihm nichts passiert! Ein anderer Stier konnte nicht angehalten werden und rannte wie verrückt die Straße mit den Verkaufsständen entlang. Über jedem Stand war eine Plastikplane als Regenschutz angebracht. Lustig war, dass der Stier jede einzelne der Planen auf seiner Flucht herunterriss. So konnte man genau verfolgen, wo er gerade rannte und wie schnell.
Ich habe mich jedenfalls, zusammen mit den anderen Angsthasen, oben auf einen Erdhügel gestellt, um den die Viecher auf der Flucht herumgerannt sind. Wenn die Bauern den Kampf abbrechen wollten, warfen sie die Stieren Lassos um die Hinterbeine und zogen sie mit vereinten Kräften weg.
Mittags nahmen mich die Leute zum Essen mit ins Dorf, es gab Fleisch und Gemüse und neben mir saß ein junger Mann, er ein bisschen Englisch konnte.
Nachher gab es noch eine Musik- und Tanzaufführung im Regen.















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